• Ein Interview

    Was die Ermi-Oma dazu sagt?

    Markus Hirtler ist Kabarettist – und Steirer. Graz, Fürstenfeld und Deutsch Kaltenbrunn im Burgenland sind seine liebsten privaten Aufenthaltsorte. Als Ermi-Oma steht er in ganz Österreich auf der Bühne. Ein Gespräch.

     

    Nicole Rubisch: Wie hat es dich in die Oststeiermark verschlagen? Markus Hirtler: Wir sind vor 14 Jahren nach Fürstenfeld gezogen, ich hab eine Stelle als Leiter in einem Altenheim bekommen und die Oststeiermark hat uns gut gefallen. Meine verstorbene Frau und ich haben sehr jung geheiratet. Wir haben bald mal drei Kinder gehabt und gesehen, dass ein Haus in Graz, das diesen Familienverhältnissen entspricht, ohne einer Erbschaft im Genick nicht finanzierbar ist. Mittlerweile fühle ich mich in der Region sehr wohl. Es ist eine offene Gegend und ich bin hier ein bisserl verwurzelt, weil der Hof, wo wir die Liebhaberei aufbauen, in Deutsch Kaltenbrunn ist. Und über meinen Job als Heimleiter hab ich viele Leute kennengelernt.

     

    Nicole Rubisch: In deiner Arbeit als Kabarettist ist Selbstbestimmung ein großes Thema. Wie wichtig ist sie?  Markus Hirtler: Speziell was alte Leute anbelangt, kann ich nur sagen, was ich beobachtet habe und was ich mir wünsche. Wenn ich alt werde, möchte ich Dinge, die ich tun kann, selbst tun. Wo ich Hilfe brauche, möchte ich gerne eine Begleitung und eine Hand­reichung haben. Aber ich möchte nicht alles von anderen aufgezwungen bekommen. Bei der Ermi-Oma gibt es das Würdelied. Da heißt es „Würde wäre, wenn sie nicht so würdig tun würden“. Es geht um dieses würdige Gehabe, wo sich eine gewisse Hochnäsigkeit oder Herablassung dahinter versteckt. In der zweiten Strophe heißt es „Würde wäre, wenn sie nichts tun würden, was ich selber gern tun würde“. Ich hab oft erlebt, dass Menschen, die ins Heim kommen, automatisch alles abgeben müssen. Das muss nicht sein! Aber ich glaube, dieses selbst-bestimmte Leben hängt ganz stark mit unserer Empathie zusammen.

     

    Nicole Rubisch: Sich in den anderen hineinzufühlen?
    Markus Hirtler: Ja. Weißt du, ich habe es so oft kritisiert: Wir hätten nicht gerne, dass ein 90-Jähriger unseren Lebensraum gestaltet; wir maßen uns aber an, zu wissen, was der 90-Jährige braucht. Da erwarte ich mir ein bisschen mehr Einfühlungsvermögen. Ich hab als Heimleiter einen Bewohnerrat gegründet und mein erster Weg am Montag war in die Bewohnerratssitzung. Das war mir das Wichtigste. Ich habe gehört, was taugt ihnen und was nicht und schon bald kamen wir weg vom Thema „Mei da oben hängt ein Bild schief“. – Wir sind zu Themen gekommen wie: „Wir würden uns gern mit Selbstbestimmung bei Pflegebedürftigkeit und Sterben auseinandersetzen.“ – Respektvolle Ehrlichkeit gehört zum Altwerden. Wenn du ein Haus baust, ist es dein Thema; wenn du Kinder kriegst, ist es dein Thema und wenn du alt wirst, ist es eben auch dein Thema. Meine große Sorge für mich ist immer noch, unreflektiert alt zu werden. Ich sehe für mich ganz viele alte Leute, die einen unglaublichen Schatz mitbringen, eine Lebensdichte sowie enorme soziale und emotionale Kompetenz. Ich würde diese gerne wieder in die Gesellschaft hereinholen.

     

    Nicole Rubisch: Wie kann das gehen?
    Markus Hirtler: Mein Lieblingsmärchen ist das von den Bremer Stadtmusikanten. Da gibt’s den Esel, den Hund, den Kater und den Gockel. – Jetzt fallts mir das erste Mal auf, das sind alles Mandln, gell? – Naja, jedenfalls haben sie den Bremern nicht mehr gepasst. Der Esel und die anderen haben ihre Arbeit nicht mehr machen können und sind rausgeschmissen worden. Herausgestellt hat sich aber, dass die vier enorme soziale und emotionale Kompetenzen haben. Sie können Fremde vertreiben, Musik machen und ganz viel anstellen. Ich bin als Leiter immer wieder vor Problemen gestanden, dass Vorgesetzte wollten, dass ich wen raus-schmeiße. Weil er diese oder jene Tätigkeit nicht mehr so machen konnte. Ich hab immer gesagt. „He, schau dir die Bremer Stadtmusikanten an!“ Wir haben Großeltern, Pensionisten und Leute mit viel Lebenserfahrung und ich will nicht, dass das ganze Wissen verlorengeht. Darum auch die Liebhaberei. Ich möchte irgendwann Senioren bei uns am Hof haben, die ihre Lebens-weisheit an junge Leute weitergeben, die gerade nicht wissen, wie sie tun sollen. Und wenn ich dem Jungen einen älteren, weisen Paten dazustelle, dann kann ich Generationen verbinden. Und das ist ein Teil, den ich mir zukünftig bei der Liebhaberei erhoffe.

     

    Nicole Rubisch: Was wünscht du dir?
    Markus Hirtler: Ich würde mir nicht nur mehr Empathie wünschen, sondern auch, dass es mehr bedürfnisorientierte und wertschätzende Kommunikation in unserer Gesellschaft gibt.



  • 40 Jahre Hanlo

    Wenn Häuser glücklich machen

    Hanno Loidl blickt auf eine große Firmengeschichte zurück. Was vor 40 Jahren aus Selbsthilfe begonnen hatte, ist heute ein Unternehmen, das europaweit für moderne, nachhaltige und energieeffiziente Häuser steht: Hanlo, das Kürzel für Hanno Loidl. â€žIch war auf der Suche nach einem Haus, das nach meinen Vorstellungen behindertengerecht zu adaptieren gewesen wäre. Das hat es nicht gegeben und aus dem heraus habe ich es schließlich selbst gemacht“, erinnert sich Hanno Loidl an die Anfänge im Jahr 1974 zurück. In Mariagrün in Graz baute er sein erstes Haus. Ein Schritt ergab den anderen und nach dem Motto „Learning by Doing“ zimmerte sich Hanno Loidl ein Fertigteil-Konzept, das die Art zu bauen international veränderte. – Wenn auch nicht sofort: „Die Herausforderung war, aus einem unbekannten Produkt ein sehr bekanntes Produkt zu machen.

    Der Marktanteil betrug damals ein Prozent – heute sind es cirka 30 Prozent und das Fertighaus ist ein absolut akzeptables Produkt mit allen Qualitätskriterien. Damals musste man das Fertighaus erst ‚salonfähig’ machen“, sagt Loidl. Die Zusammenarbeit mit renommierten Architekten, die Anfänge des Siedlungsbaues und Hanno Loidls progressives Tun haben schließlich viele glücklich gemacht – in 40 Jahren um die 60.000 Menschen: „Würde man alle Häuser in einer steirischen Region aufstellen, könnte ganz Deutschlandsberg in Hanlo-Häusern wohnen“, lacht Loidl, der seit seinem 24. Lebensjahr Rollstuhlfahrer ist und selbstverständlich in einem Haus von Hanlo wohnt.

    Vor zwei Jahren zog sich der Pionier aus dem operativen Geschäft zurück. Seither gehört Hanlo zur Green Building Group: „Wer Häuser baut, übernimmt Verantwortung: für die Menschen, die darin leben, für die Umwelt und für die uns nachfolgenden Generationen“, betont Hanlo-Geschäftsführer Christian Bauer. Die Green Building Group setzt Hanno Loidls Erfolgsgeschichte fort und schafft mit Hanlo, Bau mein Haus und Lumar moderne und energieeffiziente Wohnkonzepte für ALLE.

    Text und Foto: Nicole Rubisch


  • „Wir sitzen nicht traurig zu Hause, sondern sind ganz schön aktiv!“

    Gar nichts ist anders

    Hanna Höfer wohnt in St. Pankrazen nördlich von Graz. Die 19-Jährige hat eben ihre Matura an der Ortweinschule in Graz bestanden und genießt die Stadt als Kontrast zum Landleben. Sie ist viel unterwegs, fotografiert gern, hat einen Hund, blödelt mit ihren Freundinnen rum und interessiert sich für gesellschaftspolitische Themen.

    Was sie von anderen in ihrem Alter unterscheidet ist, dass sie vor kurzem ein Buch veröffentlicht hat. Gemeinsam mit Co-Autor Leo Fischer verkündet sie eine besondere Botschaft: „Wir möchten die Leute darauf aufmerksam machen, dass Rollstuhlfahrer keine armen Menschen sind, sondern ein normales Leben haben, wie Fußgänger auch“, sagt Hanna. In ihrem Buch „Entfesselt im Rollstuhl“ erzählen die jungen Autoren und ihre Mütter Episoden aus dem Leben mit Spina Bifida, einer Fehlbildung der Wirbelsäule.

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