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  • Menschlich betrachtet

    Ein MEISTERwerk

    Draußen vor der Tür sitzt Katrin, dahinter stehen Stars. Die Tür ins Studio von „Opus“ geht auf. Zwei Welten prallen aufeinander. Keiner weiß, was ihn erwartet – aber beide Seiten lassen sich aufeinander ein.

    Katrin ist nervös. Sie weiß, dass ihre Behinderung auf andere keinesfalls normal wirkt. Heute trifft sie ihre Idole: Herwig Rüdisser und Ewald Pfleger. Männer, die die Liebe zur Musik in die Welt getragen hat. Und sie – Katrin, die Frau, die so mühevoll gelernt hat, ihr Leben zu lieben und sich hinaus in die Welt gewagt hat. Etwas verbindet sie: der Glaube an sich selbst. Gute Voraussetzungen für eine Erfolgsgeschichte, denkt sie sich und bittet die  Musiker zum Gespräch. Aller Anfang in Kärnten, 1978: Herwig Rüdissers Freundin las eine Zeitungsannonce – eine steirische Band suchte einen Sänger. Herwig stellte sich vor – und damit begann eine Weltkarriere.

    Zeitgleich wurde wenige Kilometer entfernt etwas anderes ins Leben geschickt: ein Baby. Katrin Poleßnig kam zwei Monate zu früh auf die Welt. Von Geburt an spastisch gelähmt, legte die heute 35-Jährige einen Weg zurück, der nicht minder beeindruckt, als jener des Sängers. „Der Wille zum Leben hat mich weitergetrieben“, weiß die selbstbewusste Frau. Sie wuchs gut behütet auf, hatte aber schon immer einen besonderen Dickkopf, dem nichts anderes als Eigenständigkeit vorschwebte. Auf ihrem Weg hatte sie viele Hürden zu überwinden. Eine, die sie bis heute schmerzt, ist, dass sie das Schulsystem in die Sonderschule steckte – trotz ihrer bemerkenswerten Intelligenz: „Ich werde immer gefragt, was ich studiert habe“, lacht Katrin und fügt hinzu: „Aber ich habe einfach immer kämpfen müssen; das hat mir nicht geschadet. Sonst wäre ich nicht da, wo ich bin!“

    Heute lebt sie in Graz; sie hat die Obhut im Haus ihrer Eltern gegen ein selbständiges Leben eingetauscht: mit einer Arbeit, einem Zimmer in einer betreuten Wohngemeinschaft und einer aktiven Freizeit. Und ja, heute sitzt sie bei Opus. Viele Jahre gab die Musik Katrin Halt, sie ersann Visionen und begann, sich so fühlen, wie andere Jugendliche auch. – Ganz nach dem großen Opus-Hit „Life is Live!“ zog es sie bald mitten ins Leben hinein. „Die Freiheit beginnt im Kopf. Wenn sie dort ist, ist sie überall und damit geht eine Welt auf!“, weiß Katrin. Herwig pflichtet ihr bei und sagt: „Und du brauchst Leidenschaft – ohne die geht gar nichts im Leben.“


  • Studieren in Graz

    Lernen. LACHEN. Leben.

    Michaela Göri studiert mit Herz und Leidenschaft: „Mit BWL bin ich bereits fertig und vor kurzem habe ich mit Soziologie begonnen. Das interessiert mich so unglaublich!“, sagt die 29-Jährige und verrät, dass sie das Studentin sein an der Karl-Franzens- Universität und das Campusleben unglaublich genießt. „Seit meinem Unfall habe ich sehr zu mir gefunden, ich bin nach der Reha wieder von zuhause ausgezogen und wohne jetzt im Studentenheim in der Green-Box-West.Ich schaffe mein Leben alleine.“ – Und das macht Michaela sehr zufrieden.

    Sie ist ein Energiebündel und ihre lebensbejahende Art reißt andere mit, auch beim Verein „Gustl 58“: „Wir unterstützen Menschen, die es im Leben nicht so gut getroffen haben. Es geht uns um die Herzensbildung.“ Michaela weiß, wovon sie spricht: Sie war 2005 von einer Stiege gestürzt und hat seit-her eine inkomplette Querschnittlähmung. Aber das hindert sie gar nicht, am Uni-Leben teilzuhaben, mit ihren Freunden abends auszugehen und das junge Leben in Graz zu genießen.

    Web-Tipps:

    http://www.events.steiermark.com

    http://herzensbildung.at 

     


  • Text: Pure Ruby, Nicole Rubisch
    Foto: Mariella Tadler

  • Kultur in Graz

    Prime Time für ALLE

    Sonntag ist „Prime Time“ in der Grazer Oper. Aus der Loge verfolgt Edith Müller das Geschehen auf der Bühne. Sie hat ihre optischen Sehhilfen mit, mit denen sie noch ein bisschen mehr erkennen kann. Auch wenn Edith immer mehr Sehkraft verliert, ist und bleibt sie wohl der größte Fan der Grazer Tanzkompanie rund um Ballettdirektor Darrel Toulon.

    Sie konzentriert sich auf das Highlight des Jahres: Die Internationale Tanzgala, zu der Ensembles aus aller Welt nach Graz kommen, um ihre exquisitesten Choreografien zum Besten zu geben. Die Idee dazu hatte Darrel Toulon, der die steirische Tanz-Szene geradezu neu erschaffen hat. Seine Erfüllung ist, wenn sich Tänzer und Publikum tief im Innersten miteinander zu verbinden.

    „Man berührt sich und kommt einander näher. Wir kreieren eine magische Stunde für das Publikum und der Zuschauer geht auf eine Reise. Diese Verantwortung übernehme ich gerne und für viele Menschen“, sagt Toulon, der die Oper als Treffpunkt für ALLE sieht – auch weil sie barrierefrei zugänglich ist. Unter Tänzern ist Diskriminierung übrigens nicht vorhanden. Darrel Toulon: „Wir sind es gewöhnt, einen Menschen nicht über das Äußerliche zu bewerten. Wir sind liberal und offen. So sind Theatermenschen zueinander – manchmal vielleicht ein bisschen anders als andere Menschen.“

    www.oper-graz.at


  • Musikgenuss

    Töne im HIMMEL über Graz

    Wenn Sie spätabends durch die Altstadtgassen spazieren und sich Giuseppe Verdis Gefangenenchor stimmgewaltig über der denkmalgeschützten Dächerlandschaft ausbreitet, könnte es sein, dass Sie keine Konzertkarten mehr für die Kasematten ergattert haben. Dann müssen Sie mit dem akustischen Musikgenuss vorlieb nehmen.

    Einer, der seine Karten rechtzeitig gekauft hat und oben am Schlossberg in der ehemaligen Festungsanlage Platz genommen hat, ist Wolfgang Niegelhell: „Ich liebe diesen Ort und habe hier schon selbst auf der Bühne gestanden. Es war eines meiner schönsten Konzerte, das ich auf den Kasematten gegeben habe. Und ich komme immer wieder gern hierher, um mir Musik anzuhören“, sagt der Panflötenvirtuose, der seine Sehfähigkeit durch einen Augeninfarkt verloren hat.

    Web-Tipps:

    www.spielstaetten.at

    www.graztourismus.at

    www.wolfgangniegelhell.at


  • Graz ist familiär

    Ein Streifzug

    Ein Stadtspaziergang mit dem Musiker Wolfgang Niegelhell: Er zeigt uns seine „Highlights“ der Grazer Altstadt.

    Die Oper vor der Oper, das Kunst-haus vor dem Kunsthaus, das Rathaus vor dem Rathaus. – Sind Ihnen die Miniaturausgaben vor wichtigen Grazer Bauwerken schon mal aufgefallen? Nein? Auch nicht die Rillen im Asphalt, die durch die Grazer Herrengasse führen? Nein? Und die Noppenfelder bei der Straßenbahnstation am Hauptplatz? Auch nicht? Dann ist es Zeit hinzuschauen, denn diese Hilfsmittel sind für jene Menschen gedacht, die eben nicht hinsehen können und sich dennoch durch die Stadt bewegen wollen – für blinde und sehbehinderte Personen.

    Einer von ihnen ist der bekannte Panflötenvirtuose Wolfgang Niegelhell. Bei einem Spaziergang durch die Altstadt zeigt er, worauf es ankommt, wenn man eine Sehbeeinträchtigung hat. Besonders begeistern ihn die Tastmodelle vor den fünf wichtigsten Denkmälern. „Die sind eine tolle Sache“, freut sich der Musiker, während seine Hände über das Dach und die Fassaden streifen, „so kann ich das Rathaus ertasten und habe eine Vorstellung davon. Ich mag Graz sehr gern, es ist so familiär“, sagt der gebürtige Weizer. „Gleich hinter dem Hauptplatz hat ein Freund ein Tonstudio, in dem wir Aufnahmen machen, da bin ich natürlich oft am Hauptplatz – vor allem zu Mittag am liebsten an einem der Würstelstandl’n.“

    Heute begleiten ihn seine Freundin Cornelia Albrecht und Blindenführhündin Colima. Sich frei durch eine Stadt zu bewegen, war für den 47-Jährigen lange undenkbar. Hinter ihm liegen schwere Jahre mit harter Arbeit an sich selbst und seinem Leben. Wolfgang Niegelhell erblindete innerhalb weniger Minuten bei einem Spaziergang im Wald. Es war ein Augeninfarkt, eine Schocksituation. Der Umwelt- und Abfallberater war damals 26 Jahre alt. Eines Tages nicht mehr sehen zu können, wäre ihm nie in den Sinn gekommen. „Aber genauso wenig, wie eines Tages berühmt zu sein“, lacht der charismatische Mann, der drei Jahre nach seiner Erblindung eine Karriere begann, die eher an einen Traum erinnert. Während wir durch die Herrengasse entlang der Leitlinien Richtung Hauptplatz gehen und sein Blindenstock gezielt von rechts nach links pendelt, erzählt er seine Geschichte.

    „Ja, es war eine wilde Zeit. Du musst bei Null anfangen, bist plötzlich von anderen abhängig, kannst absolut nichts mehr alleine machen. Da stellt man sich schon Fragen über den Sinn des Lebens. Viele zerbrechen daran, ich auch fast“, gesteht Wolfgang und fügt hinzu: „Aber irgendwann bin ich aufgestanden und hab mir gesagt: ‚Ich will jetzt wieder leben!’“ Das tat er, brachte sich die Blindenschrift selbst bei, lernte den Umgang mit dem Computer und griff zu einem Musikinstrument – der Panflöte. Und damit spielte er sich zurück ins Leben. Wolfgang Niegelhell: „Du musst das Seelenfeuer anzünden und dir sagen: ‚Ich will jetzt wieder leben!’  â€“ Das musst du tun.“